Arbeitsforscher: will die junge Generation Z wirklich nicht arbeiten?

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MODERATOR/IN
Nicole Köster
Moderatorin Nicole Köster aus dem SWR1 Team moderiert täglich ausßer samstags zwischen 10 und 12 Uhr die Sendung SWR1 Leute (Foto: SWR)

Die ältere Generation hält der "Gen Z" vor, sie wäre faul und würden nicht arbeiten wollen. Umgekehrt gelten die "Boomer" oft als rückwärtsgewandt. Aber wie ist es wirklich?

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Hans Rusinek: Ist die junge Generation wirklich faul?

Zitate über die faule Jugend, die nicht arbeiten will, gibt es seit Jahrtausenden. Selbst Sokrates schrieb über die Jugend, die den Luxus liebt, schlechte Manieren hat und die Autorität verachtet. Auch heute hält sich das Vorurteil gegenüber der jungen Generation, der "Gen Z" (Jahrgang 1995-2010).

Klar ist, laut Arbeitsforscher Hans Rusinek: junge Menschen haben andere Ansprüche als Menschen, die seit 20 oder 30 Jahren arbeiten. Das liegt aber nicht an der Generation, sondern daran, dass junge Menschen andere Prioritäten haben.

Stellen Sie sich Lisa vor: Lisa bewirbt sich bei Ihnen in der Firma. Sie kommt gerade aus der Uni, sie ist jung und wohnt in einer WG. Und sie sagt, sie möchte keinen Dienstwagen haben, Gehalt ist auch nicht wichtig – das WG-Zimmer ist nicht teuer. Und Hierarchie ist ihr auch nicht wichtig, weil sie ist ja auch ganz unten in der Hierarchie.

Nach zehn Jahren wären ihre Lebensumstände vermutlich andere und ihre Ansprüche würden sich dementsprechend wandeln. Doch als Berufseinsteigern hat Lisa durch Personalmangel, demografische Gründe und restriktive Migrationspolitik, laut Arbeitsforscher Hans Rusinek, mehr Macht als frühere Generationen.

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Arbeitsforscher: Generationen müssen in Zukunft zusammenarbeiten

Arbeitsforscher Hans Rusinek macht deutlich: die Arbeitswelt funktioniert weder ohne die Älteren noch ohne die Jüngeren. Junge Menschen bringen frische Ideen, aber die Älteren wissen, wie sie sich umsetzen lassen, weil sie die politischen Spielchen kennen und wissen, wo eine Idee angebracht werden muss, damit sie fliegen kann.

Intergeneratives Arbeiten: Generationen, die miteinander sprechen, statt hinter dem Rücken Vorurteile auszutauschen. Das ist ein ganz wichtiger Schlüssel für unsere Zukunft.

Zu oft werden Menschen über 50 im Arbeitsleben schon abgehängt und erleben Altersdiskriminierung. Rusinek plädiert dafür, alle Mitarbeitenden durch Kommunikation und Weiterbildungsmöglichkeiten in Form von "Learning by Doing" mitzunehmen.

Arbeitsforscher Rusinek: So sieht die "enkeltaugliche Arbeitswelt" aus

Zur Zukunft der Arbeit und zu "New Work" gibt es viele schrille Ideen: Das Büro wird zum Spielplatz, die Firma zur Familie, die Chefin zum Chatbot. Laut Hans Rusinek werde zwar viel über die Zukunft der Arbeit gesprochen, die Ideen würden aber nicht das eigentliche Problem angehen.

Durch die Arbeit arbeiten wir diesen Planeten kaputt. Das heißt CO2-Emmissionen, der Verlust an Biodiversität, die Übersäuerung der Ozeane – das sind ja alles Metriken, die unsere Arbeitsergebnisse messen und deswegen müssen wir an die Arbeitspraktiken ran.

Deshalb erforscht er, wie eine "enkeltaugliche Arbeitswelt" aussehen kann. Er bringt die Zukunft der Arbeit und die Zukunft des Planeten radikal zusammen.

Hans Rusinek ist Arbeitsforscher, Berater und Speaker. Er forscht an der Universität St. Gallen und ist Fellow im "Think Tank 30" des "Club of Rome Deutschland".

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