Haus des Jugendrechts Heilbronn

Wenn Täter oder Opfer noch minderjährig sind

Haus des Jugendrechts Heilbronn: Jugendliche Straftäter werden immer jünger

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Peter Wedig
Peter Wedig

Jugendliche in Heilbronn verüben immer früher Straftaten, vor allem Ladendiebstähle. Das Haus des Jugendrechts versucht, rechtzeitig einzugreifen - und das offenbar mit Erfolg.

Sind bei einem Delikt der Täter, Täterin oder auch das Opfer minderjährig, kommt das Haus des Jugendrechts in Heilbronn ins Spiel: Hier sitzen Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendamt unter einem Dach. Es zeigt sich: Die Täterinnen und Täter werden immer jünger und die Zahl der Ladendiebstähle nimmt stark zu; genauso wie Taten über das Handy - Beleidigungen oder Bedrohungen, die Verbreitung von Gewaltbildern, Kinderpornografie oder rechtsradikalen Symbolen.

Ladendiebstähle nehmen zu - wegen gestiegener Preise

Besonders Kosmetikartikel sind beim Ladendiebstahl gefragt: Lippenstift, Nagellack, falsche Augenwimpern, zählt Michael Dzillack auf. Er ist Kriminalhauptkommissar und Leiter des Hauses des Jugendrechts. Die Fälle hierzu hätten in jüngster Zeit extrem zugenommen, vor allem wegen der gestiegenen Preise, vermutet er. Da könnten sich viele Jugendliche die Produkte nicht mehr leisten. Auch der Gruppendruck in der Clique spiele dabei eine erhebliche Rolle.

Beim Ladendiebstahl erwischt zu werden gehört generell zu den häufigsten Fällen, mit denen Dzillack und seine Kolleginnen und Kollegen zu tun haben. Dann gibt es ein aufklärendes Gespräch: Ziel sei immer, dass die Kinder oder Jugendlichen zu ihrer Tat stehen, dass sie den Fehler einsehen und es so einen erzieherischen Effekt gibt. Dazu gibt es auch speziell geschulte Mitarbeitende vom Jugendamt.

Jugendamt, Staatsanwaltschaft und Polizei unter einem Dach

Alle Vertreter aus den drei beteiligten Behörden sitzen Zimmer an Zimmer. Kurze Wege, offene Türen - damit man sich möglichst schnell austauschen kann. Das scheint häufig zu funktionieren. In 90 Prozent aller Fälle sehen sie Täterin und Täter nur einmal und danach nie wieder, sagt Dzillack.

Anders bei den übrigen zehn Prozent; die können durchaus zu Stammgästen werden und im Extremfall täglich kommen. Dann sitzen sie im Vernehmungszimmer, das die erste Tageshälfte in der Regel leer ist, ab 13 Uhr dann aber durchgehend gebucht - denn die Täterinnen und Täter müssen vormittags eben in die Schule. Jeder bekommt einen festen Sachbearbeitenden zugewiesen, der dann auch bei Folgefällen zuständig ist. So soll Vertrauen aufgebaut und ein möglichst guter Draht zu den Jugendlichen entstehen.

Handys spielen eine enorm große Rolle

Nur ein paar Räume weiter werden Handys ausgewertet. Die sind mittlerweile ein enorm wichtiger Faktor, erklärt Dzillack.

Es gibt kaum noch eine Schlägerei oder Gewalttat, die nicht gefilmt wird.

Auch Kinderpornografie ist ein großes Thema. Genauso wie etwa Beleidigungen in Chats, die Kontakte zu anderen Personen oder das eigene Bewegungsprofil, sagt er. Die Ermittlerinnen und Ermittler mussten sich im Extremfall schon durch bis zu 650.000 Fotos auf einem einzigen Handy wühlen.

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Illegale Bilder, Bedrohungen oder Positionsdaten - auf den Handys in den Papiertüten können häufig sogar noch viel mehr Beweise lauern, als anfangs vermutet.

Auch die Opfer werden vernommen

Ein Stock tiefer befindet sich ein weiterer Vernehmungsraum. Der ist bewusst ganz anders gestaltet: deutlich gemütlicher, mit Sesseln statt Stühlen, erklärt der Kriminalhauptkommissar. Hier können beispielsweise Opfer von einem Richter befragt werden. Die beiden sind dann allein im Raum. Es gibt aber Kameras. Die übertragen das Geschehen in einen Nachbarraum für Psychologen, Verteidiger, Staatsanwalt, Eltern oder auch die Täterin oder den Täter. Auch diese können dann Fragen stellen, per Chat, der auf einen Laptop an den Richter übertragen wird. Die Uhr im Raum hängt extra tief, damit die Kameras immer auch bildlich die Uhrzeit aufzeichnen. Damit sei dann alles rechtssicher, heißt es.

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Der Raum ist bewusst nicht wie ein typisches Büro eingerichtet. Denn hier sagen auch die Opfer aus.

Typische Täterinnen oder Täter gibt es nicht

Die typische Täterin oder den typischen Täter gibt es eigentlich nicht, so Dzillack weiter. Häufig seien es Jugendliche, die viel auf sich allein gestellt sind und so leicht in falsche Kreise geraten. Noch dazu, wenn durch das Internet Gewaltszenen, sexuelle Handlungen oder Straftaten leicht zugänglich sind - oder sogar bewusst von anderen gefilmt und damit vorgelebt werden.

Das führe auch dazu, dass die Jugendlichen bei ihrer ersten Straftat immer jünger werden: Mit 14 oder 15 Jahren würden Täterin oder Täter heute Dinge tun, die früher eher Jugendliche erst mit 16 oder 17 getan hätten. Dafür ebbt die Kurve mit zunehmendem Alter wieder ab. Für Dzillack ein gutes Zeichen, dass der erste "Schuss vor den Bug" sehr häufig funktioniert. Bei manchen sei aber auch klar: Früher oder später sieht man sich nicht mehr im Vernehmungsraum, sondern im Gerichtssaal wieder.

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