Sandro Mattioli, Mafia-Experte und Journalist

Sandro Mattioli zu Gast bei SWR1 Leute

Ein Heilbronner im Kampf gegen die Mafia in Deutschland

Stand

Sandro Mattioli ist Journalist und Buchautor. Er geht gegen die italienische Mafia vor, die in Deutschland bereits verwurzelt ist. Was ihn antreibt, erzählte er dem SWR.

Sandro Mattioli ist Mafia-Experte und hat bei SWR1 Leute über seine Arbeit berichtet. Er ist Journalist und Autor und hat bereits ein Buch über die Mafia in Deutschland geschrieben. Außerdem engagiert er sich in einem Verein, der gegen die Mafia vorgeht.

Mattioli ist in Heilbronn aufgewachsen. Seinen ersten Kontakt mit dem Thema Mafia hatte er in der Grundschule. Dort wurde er wegen seines Nachnamens von den anderen Kindern gehänselt und als "Mafioso" bezeichnet. Er selbst wusste damals noch gar nicht, was genau das Wort bedeutet. Aber er ist sich sicher, dass die anderen Kinder das auch noch nicht wussten. Den Grund dafür sieht er in der fehlenden Wahrnehmung der Mafia in Deutschland. Es gebe eine "extreme Unwissenheit", so Mattioli. Manche Menschen wüssten nicht mal, dass es die Mafia in Deutschland überhaupt gibt.

Doch Mattiolis Recherchen zeigen: Es gibt die Mafia in Deutschland. Viele dieser Recherchen hat er in seinem Buch "Germafia" zusammengefasst. Selbst in Schwaigern (Kreis Heilbronn) gab es schon mafiöse Aktivitäten. Von hier aus hatte ein Geschäftsmann durch Online-Glücksspiel Geld gewaschen und so Gelder in Millionenhöhe mithilfe eines umgebauten Peugeots bewegt - von Malta, dem Sitz des operativen Geschäfts nach Polen, zu seiner Bank.

Standbild aus Videobeitrag zu Mafia in Baden-Württemberg. Reporter in Schwaigern.
Mattioli auf Spurensuche in Schwaigern: Hier lebte ein Mafioso.

Einschüchterung und ständige Beobachtung

Durch seine Arbeit hat Sandro Mattioli mit vielen einflussreichen Personen und Organisationen zu tun. Angst vor Repressalien hat er aber nicht. Oft hört er Einschüchterungen, die als freundlich gemeinter Rat verpackt sind, zum Beispiel: "Wenden Sie sich an meinen Anwalt, denn wer Fehler macht, bezahlt". Mattioli sagt, es sei nicht einfach mit dem Finger auf große Akteure zu zeigen. Deshalb rechne er immer damit, dass seine Arbeit verhindert wird.

Im Kampf gegen die Mafia

"Wenn wir nicht die richtige Brille aufsetzen, um zu sehen, was da vor sich geht, dann führt das dazu, dass diese intelligent agierenden Leute sich so verfestigen, dass wir sie nicht mehr wegbekommen", meint Mattioli. Es sei teilweise schon der Fall, dass gegen mutmaßliche Mafiosi nicht so vorgegangen werde, wie es sein müsse. Aus seiner Sicht sei das hochgradig gefährlich. Deshalb ist es Mattioli so wichtig, auf die Mafia in Deutschland aufmerksam zu machen.

Aus diesem Grund engagiert sich Sandro Mattioli im Verein "mafianeindanke", wo er seit 2012 Vorsitzender ist. 2007 haben Gastwirte aus Berlin den Verein gegründet, um sich öffentlich gegen die Mafia zu positionieren und Schutzgelderpressungen zu verweigern. Der Verein arbeitet inzwischen vor allem auf politischer Ebene. Die Mitglieder helfen dabei, Gesetzesvorschläge auszuarbeiten, um mafiöse Strukturen aufzudecken. Das sei aus Mattiolis Sicht dringend nötig. Seit er der Vorsitzende des Vereins ist, habe sich die Zahl in 12 Jahren mehr als verdoppelt, auf 1.003 Mafiosi in Deutschland. Italienische Experten gehen sogar von mehreren Tausend aus.

Im Gespräch bei SWR1 Leute hat Sandro Mattioli noch mehr über die Mafia und seine Arbeit erzählt.

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