Pferdeäpfel hinter einem Pferd - der Grund, warum die Polizeiverordnung in Aalen neu angepasst und im gleichen Zug die Weidehaltung unmöglich gemacht wurde.

Neue Polizeiverordnung der Stadt

Wegen Pferdeäpfeln: Aalen macht versehentlich Weidehaltung unmöglich

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Martin Miecznik
SWR Aktuell Autor Martin Miecznik

Die Stadt Aalen will mit ihrer neuen Polizeiverordnung gegen die wilde Entsorgung von Hundehaufen und Pferdemist vorgehen - hat aber womöglich selbst Mist gebaut.

Die Stadt Aalen hat eine neue Polizeiverordnung beschlossen. Darin sollte es ursprünglich ausdrücklich auch um die Entsorgung von Hundehaufen und Pferdemist gehen. Wer die neue Verordnung allerdings wörtlich nimmt, könnte zu dem Schluss kommen, dass die Stadt da womöglich versehentlich ziemlich Mist produziert hat. Denn künftig ist mit einem Federstrich des Gemeinderats unabsichtlich die Weidehaltung unmöglich gemacht worden - wenn es nach dem Text der Verordnung geht.

Neue Polizeiverordnung: Es ging eigentlich nur um Pferde und Hunde

Die Haufen nicht wegzuräumen, die von Tieren fallen gelassen werden: Das wird in vielen Städten von Einwohnern als öffentliches Ärgernis empfunden, nicht nur in Aalen. Wer das tut, riskiert ein Bußgeld. Wie hoch das ausfällt, ist noch nicht beschlossen - im Maximalfall können es 1.000 Euro sein. Im Blick sind dabei insbesondere Hundehaufen, aber auch über Pferdeäpfel freuen sich nicht alle Menschen. Schon seit langem gibt es in Aalen eine Polizeiverordnung, die zum Wegräumen von Tierkot aufruft.

Auf einem Blattpapier stehen die Namen der Pferde, bei denen der Mist aufgesammelt wurde - ein Umgang des Reitvereins in Aalen, um die Polizeiverordnung klar zu kommen.
Nachweis-Liste: Im Aalener Reiterverein muss nach dem Ausritt bestätigt werden, dass sich die Reiterinnen und Reiter um die Pferdeäpfel gekümmert haben. In diesem Fall lautet der Eintrag "ja". in der ersten Spalte steht der Name des Tiers.

Mist-Management bei Reitvereinen in Aalen

Die Aalener Vereine und Betriebe, die mit Pferden zu tun haben, wollen nach eigener Aussage gut mit der Stadt auskommen, und sie tun das auch. Auf Beschwerden über Pferdemist auf Straßen und Feldwegen haben sie schon seit vielen Jahren reagiert, mit eigenen Regeln für das Wegräumen von Pferdemist, mit entsprechenden Nachweis-Listen, die Reiterinnen und Reitern ausfüllen müssen, mit eigenen Kontrollgängen entlang der vielberittenen Strecken.

Wir haben uns dann quasi Gebiete zugeteilt und jeder dieser Vereine in der Umgebung ist dann für ein Gebiet zuständig.

Der größte derartige Aalener Verein, der Reiterverein mit 60 eigenen und eingestellten Pferden, verständigte sich mit den umliegenden Pferdestall-Betrieben, sagt Katrin Medat vom Reiterverein. Man hat sich die Gebiete zugeteilt, jeder dieser Vereine ist für ein Gebiet zuständig - "und hat das sauber zu halten, deswegen ist es uns nichts Unbekanntes."

Eigentlich alles kein Problem, sagen die Reiter in der Stadt, auch wenn es immer mal wieder Pferdehalter gibt, die sich nicht zu hundert Prozent dran halten. Jedenfalls kein Grund, die Polizeiverordnung entsprechend nachzuschärfen.

Die Vorsitzende des Reivereins in Aalen, der sich schon an die Polizeiverordnung hält und den Mist ihrer Tiere aufräumt, sitzt auf einer Bank vor einem Pferd im Stall.
Katrin Medat, Vorsitzende des Reitervereins Aalen, sieht das Zusammenleben von Reitern und Stadtgesellschaft im wesentlichen unproblematisch. Der Verein hat ein eigenes Gebiet der Zuständigkeit, setzt auf Eigenverantwortung - und hat zur Sicherheit einen eigenen "Abäpfel-Dienst", der die Wege kontrolliert.

Die neue Polizeiverordnung - eine Entstehungsgeschichte

Aber genau das plante die Verwaltung. Hieß es in der alten Fassung noch allgemein: "Der Halter oder Führer eines Tieres hat dafür zu sorgen…", so sollte in der brandneuen Polizeiverordnung jetzt eigentlich stehen: "Der Halter oder Führer eines Tieres, insbesondere von Hunden und Pferden, hat dafür zu sorgen…" Das ändert eigentlich nichts, hebt aber diese Gruppen noch einmal gesondert hervor.

Und wofür sollen die Halterinnen und Halter bei ihrem Hund oder Pferd sorgen? "…dass dieses seine Notdurft nicht auf öffentlichen Verkehrsflächen, auch Feldwegen, in Grün- und Erholungsanlagen oder auf fremden Grundstücken verrichtet. Dennoch dort abgelegter Kot ist unverzüglich zu beseitigen und (…) selbst zu entsorgen“.

So hieß es in der alten und auch geplanten neuen Verordnung. Doch es kam anders.

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Antrag der CDU-Fraktion

Der Fingerzeig auf Hunde- und Pferdehalter wurde bei der entscheidenden Sitzung offenbar doch als zu direkt empfunden. Auf Antrag der CDU-Fraktion verschwanden die Hunde und Pferde wieder aus der Verordnung, zugunsten der allgemeinen Bezeichnung "Tiere".

Dafür wurde dieser Katalog allerdings um zwei Worte ergänzt und dann bei einer Enthaltung beschlossen. Das Haufen-Verbot gilt jetzt auch für "landwirtschaftliche Flächen". Und damit lautet Paragraph 13 der neuen Polizeiverordnung jetzt:

Der Halter (…) eines Tieres hat dafür zu sorgen, dass dieses seine Notdurft nicht auf (…) landwirtschaftlichen Flächen (…) verrichtet.

Was auf nichts anderes hinausläuft als auf ein versehentliches Verbot der Weidehaltung. Denn auch Kühe, Schafe, Ziegen oder Hühner sind ja Tiere, die gerne auf landwirtschaftlichen Flächen stehen. Wenn man den Text also wörtlich nimmt, ist die Stadt im Bemühen, die Verordnung möglichst allgemeingültig zu formulieren, wohl dabei selbst unbeabsichtigt in einen Haufen getreten.

Verbot der Weidehaltung nicht Sinn und Zweck der Verordnung

So sei es nie gemeint gewesen, sagt Bernd Schwarzendorfer, Bürgermeister der Stadt Aalen. "Nein, Weidehaltung umfasst dieses Verbot gerade nicht. Weidehaltung ist nach wie vor zulässig."

Wir legen die (Polizeiverordnung) nach Sinn und Zweck aus.

Das sei die Auslegung und man lege die nach Sinn und Zweck aus. "Und Sinn und Zweck dieser Polizeiverordnung ist nicht, die Weidehaltung zu verbieten." Nur: Leider steht das so in der Polizeiverordnung - möglicherweise muss die jetzt ganz schnell wieder geändert werden. Eigentlich hätte sie kommende Woche schon in Kraft treten sollen.

Bernd Schwarzendorfer, Bürgermeister der Stadt Aalen, sitzt in seinem Büro - seines Erachtens ist ein Verbot der Weidehaltung nicht Sinn und Zweck der neuen Polizeiverordnung.
Bernd Schwarzendorfer, Bürgermeister der Stadt Aalen.

Mist in Fachsenfeld: "völlig unproblematisch"

Im noch stärker ländlich geprägten Außenbezirk von Aalen, in Fachsenfeld, hält man ohnehin nicht viel davon, Pferdemist und Hundekot behördlicherseits in einen Topf zu werfen. Denn Pferdeäpfel gelten als wertvoller Dünger, zum Beispiel für Rosen, mit der Nachbarschaft komme man hier wunderbar zurecht.

Und wenn ein Pferd mal einen Haufen auf einem Feldweg fallen lässt, argumentiert Joachim Kieninger vom Reit- und Fahrverein Fachsenfeld: "Die Verordnung hat für uns bisher keine Auswirkungen gehabt, weil wir wissen, wie man sich sinnvoll zu verhalten hat." Die Frage sei immer, ob es sich um eine Belästigung handele, um eine Verunreinigung im tatsächlichen Sinn. "Und da ist der Pferdeapfel, sag ich mal, auf landwirtschaftlichem Grund und im Bewuchs eigentlich völlig unproblematisch", ist Kieninger sich sicher.

Joachim Kieninger aus Aalen, neben ihm sein Pferd, nimmt die Diskussion um die neuen Polizeiverordnung und die Pferdeäpfel eher gelassen.
Joachim Kieninger, Vorsitzender Reit- und Fahrvereins Aalen-Fachsenfeld: Auch wenn Pferde ihre Bedeutung als Arbeitstiere weitgehend verloren haben, gehören sie weiter zum Alltag. Gerade in ländlichen Gegenden, wo man mit dem Pferdemist normalerweise sehr entspannt umgeht.

Ganz so salopp will das die Stadt Aalen dann doch nicht sehen, auch wenn die Verordnung sich möglicherweise weniger an Pferdehalter als an Herrchen oder Frauchen von Hunden richtet. "Wir haben das gemeinschaftliche Miteinander so zu organisieren, dass sich alle wohlfühlen können", sagt Bernd Schwarzendorfer.

Laut Aalens Bürgermeister macht es für den Fußgänger keinen Unterschied, ob er in Pferdemist tritt oder in Hundekot. "Das ist zunächst mal ärgerlich und das wollen wir nicht. Und wir wollen auch nicht, dass unsere Straßen und Wegränder aussehen, wie man es sich eigentlich nicht wünscht."

Auch in Aalen-Fachsenfeld gilt demnach im Normalfall, dass Reiterinnen und Reiter die Pferdeäpfel spätestens nach dem Ausritt einsammeln und auf den großen Misthaufen hinter dem Pferdestall werfen. Von dort werden sie dann von Landwirten abgeholt - und als Dünger auf den Feldern verteilt.

Ein Misthaufen auf einem Pferdehof in Aalen, der Mist wird gerne ald Dünger benutzt, was laut neuer Polizeiverordnung wiederum möglich wäre.
Tonnenweise Mist: 50 bis 60 Kilogramm Pferdeäpfel kann ein einziges Tier am Tag fallen lassen. In Reitervereinen summiert sich das schnell. In Aalen-Fachsenfeld dürfen sich auch Gartenfreunde bedienen, die mit dem Mist gerne ihre Rosen düngen.

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