Der Anteil von Frauen in Start-up-Teams in Deutschland liegt bei rund 16 Pozent und laut KfW-Gründungsmonitor machen haben sie aktuell bei Firmengründungen einen Anteil von  36 Prozent.

Weibliches Potential heben

Frauen als Gründerinnen: Mehr Mut fördern

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Lena Stadler
Petra Thiele
Wolfgang Brauer

Frauen wagen viel seltener den Schritt in die Selbständigkeit. Deshalb gibt es in Städten und Regionen im Südwesten Projekte, die Unternehmensgründerinnen unterstützen wollen.

Wer ein Unternehmen gründet, ist in Deutschland in 75 Prozent der Fälle ein Mann. In Startup-Teams liegt der Anteil von Frauen bei rund 20 Prozent. Der Bundesverband Deutsche Startups arbeitet deshalb mit der Gründerinnenagentur zusammen, die ihren Sitz im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium hat. Nach Berlin hat Baden-Württemberg die meisten Startup-Teams mit Frauen.

Starthilfe mit Coworking Space und Beratung

In Rheinland-Pfalz läuft das Projekt "Starthilfe – kompakt & kompetent", das sich gezielt an Gründerinnen und an Gründung interessierte Frauen richtet. Die Stadt Worms vergibt seit Oktober in einem Pilotprojekt Stipendien an Frauen, die sich selbstständig machen wollen. Neben einem Platz in einem Coworking Space gibt es dazu eine spezielle Beratung.

Als Ernährungsberaterin den Schritt in die Selbstständigkeit wagen

Eine der vier ersten Stipendiatinnen ist die 33-jährige Elena Harm, die sich mit einer Ernährungsberatung selbstständig machen will. Zuhause hat Elena Harm zwei kleine Kinder, drei und fünf Jahre alt. Da ist der ruhige Coworking-Platz außerhalb ein Segen. So kann sie wirklich konzentriert und ohne Ablenkung von Haushalt oder Kindern arbeiten, erzählt sie. Das sei eine große Hilfe.

Unternehmensberatung speziell für Existenzgründerinnen

Im Rahmen des Stipendiums für Existenzgründerinnen bekommt sie nicht nur den Büroplatz vier Monate lang bezahlt, sondern auch eine besondere Betreuung durch eine Unternehmensberatung nur für Frauen. Dieses Angebot nutzt auch Ines Petkevicius, die eine Schlafberatung für Säuglinge und Kleinkinder aufbauen will.

"Mir wurden ganz andere Türen geöffnet. Ich wurde ermutigt dazu, größer zu denken - auch vielleicht über ein Berufsnetzwerk über Schlafcoaching nachzudenken. Da habe ich überhaupt noch nicht drüber nachgedacht. Ich glaube auch, das ist so ein Frauending. Frauen trauen sich weniger zu, als sie eigentlich sollten."

"Chefinnenstadt" Worms will Potenzial heben

Das Stipendium ist Teil des Programms "Chefinnenstadt", das die Stadt Worms im Frühjahr ins Leben gerufen hat, um speziell Frauen in der Wirtschaft zu fördern. Bürgermeisterin Stephanie Lohr sagt: "Wir lassen hier viel Potenzial und Chancen liegen und daran arbeiten wir." Die Gründe für den geringen Anteil von Frauen bei Firmengründungen sind vielfältig, weiß Melanie Schiedhelm, die Gleichstellungsbeauftrage der Stadt Worms.

"Wir wissen, Frauen gründen einfach anders als Männer (..) Das Besondere an dem Programm sind nicht unbedingt die Arbeitsplätze hier, sondern einfach das Netzwerken. Also für uns ist ganz wichtig, diese Zugänge zu schaffen für die Frauen - Zugänge zur Öffentlichkeit, gesehen zu werden, so ganz individuelle Beratungen."

Frauenquote in Unternehmen: Hier steht eine Frau an der Spitze
Der Frauenanteil in den 160 deutschen Börsenunternehmensvorständen lag im März 2022 bei 14 Prozent. Von den rund 3,8 Millionen kleinen und mittleren Firmen werden 16 Prozent von Frauen geleitet.

Kapital und Kinderbetreuung fehlen

Es gibt viele Gründe, warum Frauen seltener ein Unternehmen gründen als Männer. Eine wichtige Rolle spielen zum Beispiel die Infrastruktur wie etwa Kinderbetreuung und der Zugang zu Kapital. Carla Krolage vom Münchener Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hat sich mit ihrem Team in einer Studie damit beschäftigt, warum Frauen in Deutschland so selten gründen und wie Unternehmerinnen besser gefördert werden könnten.

Rollenerwartungen gewinnen gegen gute Geschäftsideen

Ein wichtiger Grund für den starken Rückgang der Gründungstätigkeit durch Frauen seit Corona sei die mangelhafte Kinderbetreuung, so Carla Krolage.

Aber dies sei nicht der einzige Grund. Das Ifo-Team hat festgestellt, dass auch viele kinderlose Frauen mit guten Geschäftsideen kein Unternehmen gründen. Eine Mischung aus tradierten gesellschaftlichen Rollenerwartungen und unterschiedlichen Präferenzen sei der Hemmschuh.

Gezielte Förderung und Startup Strategien

Frauen seien im Schnitt etwas weniger risikofreudig als Männer. Es spiele aber auch eine Rolle, dass es schwieriger für sie ist, Geld zu bekommen. Außerdem fehlten Netzwerke.

Gezielte Fördermaßnahmen, könnten dies kompensieren - beispielsweise die Angebote der Stadt Worms, meint Carla Krolage. Sie lobt auch die Startup-Strategie der Bundesregierung. Diese arbeitet zum Teil mit Vorbildern: Erfolgreiche Geschäftsfrauen sollen junge Frauen ermutigen, den Sprung in die Gründung zu wagen.

Frauen bringen andere Ideen mit

Die Ifo-Expertin ist sicher, dass die gesamte Gesellschaft von mehr Firmengründerinnen profitieren könnte: Zum einen, weil mehr gute Gründungsideen realisiert werden. Das hätte einen positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum, neue Arbeitsplätze könnten entstehen. Frauen bringen aber auch andere Ideen ein, die sonst gar nicht entstehen würden.

Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da?

Andere Länder tun mehr für Existenzgründerinnen, betont Carla Krolage vom ifo-Institut. Im internationalen Vergleich stünde Deutschland nicht besonders gut da. Allerdings sei es kein rein spezifisch deutsches Problem, dass bei uns relativ wenig Frauen gründen.

"Beim sehr wichtigen Punkt der Kinderbetreuung ist Deutschland leider kein Vorreiter. Da sind andere Länder weiter und ermöglichen es auch besser, Familie und Beruf zu vereinbaren. Das ist ein ganz dringender Ansatzpunkt, auch im europäischen Vergleich."

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