Polizeiauto, daneben Polizist mit Wappen auf Ärmel

61-Jähriger stand unter Beobachtung der Polizei

Entführung und Missbrauch in Edenkoben: Tatverdächtiger hätte elektronische Fußfessel tragen müssen

Stand

Der Tatverdächtige im Missbrauchsfall von Edenkoben war im Juli aus dem Gefängnis entlassen worden - und hätte danach eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten, weigerte er sich aber, dies zu tun.

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Die Ermittlungsbehörden bestätigten am Mittwoch, dass es sich bei dem 61-Jährigen, der nun wegen des dringenden Tatverdachts des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in Untersuchungshaft sitzt, um einen vorbestraften Sexualstraftäter aus Neustadt an der Weinstraße handelt. Der Mann sei 1996 und 2008 wegen Sexualstraftaten zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Danach habe der 61-Jährige mehrfach gegen Weisungen verstoßen, sich Kindern nicht zu nähern. Wegen der Verstöße sei er 2020 erneut zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden.

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Staatsanwaltschaft: Tatverdächtiger näherte sich mehrfach Kindern

Laut der Anklageschrift von damals durfte der Mann aus Neustadt keine Kinder und Jugendlichen ansprechen, keine Spielplätze, Schwimmbäder oder ähnliche Einrichtungen aufsuchen und kein internetfähiges Handy besitzen. Gegen diese Auflagen hatte er aber elfmal verstoßen. Unter anderem hatte er ein Mädchen in einer Umkleide gefilmt.

Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb Sicherungsverwahrung beantragt. Das lehnte das Gericht ab. Deshalb wurde der Mann nach Verbüßen der Haft vor zwei Monaten, im Juli dieses Jahres, freigelassen.

Sexualstraftäter lehnte elektronische Fußfessel ab

Danach sei er sofort unter "Führungsaufsicht" gestellt worden, so die Ermittlungsbehörden. Es habe gesetzlich keine Möglichkeiten gegeben, ihn erneut zu inhaftieren oder in einer psychiatrischen Klinik unterbringen zu zu lassen.

Zu den Auflagen der Führungsaufsicht gehörte laut Staatsanwaltschaft, dass das Landgericht Frankenthal das Tragen einer elektronischen Fußfessel anordnete. Der Neustadter soll sich aber geweigert haben, diese anzulegen. Und "das Anlegen ist unter Zwang rechtlich nicht möglich und konnte daher bislang nicht erfolgen", schreibt die Staatsanwaltschaft Frankenthal.

Die Weigerung des Mannes eine Fußfessel zu tragen, die als Auflage angeordnet war, stellt allerdings eine Straftat dar. Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb nach eigenen Angaben ein neues Ermittlungsverfahren gegen den Mann auf den Weg gebracht.

Städtische Beigeordnete fordert, Regeln für Fußfesseln zu verschärfen

Die Beigeordnete der Stadt Edenkoben, Charmaine Beyer (CDU), fordert, die Regeln für das Anlegen einer elektronischen Fußfessel in Rheinland-Pfalz zu überarbeiten. Es könne nicht sein, dass ein verurteilter Täter das Tragen einer Fußfessel verweigern kann, wenn sie gerichtlich angeordnet ist, sagte Beyer dem SWR.

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Anklageschrift gegen Sexualstraftäter zu spät bei Gericht

Am 8. September erhob die Staatsanwaltschaft Frankenthal auch Anklage gegen den Mann. Ihm konnte demnach erneut in drei Fällen nachgewiesen werden, strafbare Handlungen begangen zu haben. Außerdem beantragte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr beim Amtsgericht in Neustadt.

Eine entsprechende Anklageschrift sei auf dem Postweg allerdings noch nicht angekommen, teilte das Gericht in Neustadt jetzt mit. Strafakten würden in Papierform geführt, erklärte die Vize-Direktorin des Amtsgerichts, Dagmar Sturm, der dpa. Die am Dienstag erfolgte Vorabübermittlung der Anklageschrift mit Haftbefehlsantrag als elektronisches Dokument sei deshalb nicht mit dem Eingang einer elektronischen Akte gleichzusetzen. Selbst wenn dies so wäre, wäre sie aber erst nachträglich zu der Edenkobener Tat erfolgt.

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Aus der Bevölkerung kamen viele Hinweise zu den mutmaßlich neuen Straftaten des 61-Jährigen. Seine Haftentlassung im Juli hatte zu einer großen Verunsicherung geführt. Eltern warnten sich gegenseitig, dass der Mann wieder auf freiem Fuß sei und bei Schulen und Spielplätzen gesehen worden sei. In Folge richtete die Polizei Neustadt ein Hinweistelefon zu dem Sexualstraftäter ein. Dort sei eine Vielzahl an Hinweisen eingegangen, so die Staatsanwaltschaft. In mehreren Fällen wurde auch Anzeige erstattet.

Nach Auskunft der Ermittlungsbehörden waren die meisten behaupteten Straftaten nicht beweisbar. In drei Fällen konnten aber aus Sicht der Staatsanwaltschaft strafbare Handlungen hinreichend nachgewiesen werden.

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Staatsanwaltschaft: "zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft"

Am Ende kam der neue Haftbefehl zu spät, um den Vorfall vom vergangenen Montag zu verhindern. Denn die nötigen Dokumente für den Haftbefehl lagen dem Gericht am Montag laut Staatsanwaltschaft Frankenthal noch nicht vor - sondern befanden sich noch auf dem Weg dorthin. 

Dazu schreiben Staatsanwaltschaft und Polizei: "Wir verstehen die Sorge und den Unmut, die sie [die Tat; Anmerk. d. Red.] in unserer Gemeinschaft auslöst. Gleichwohl müssen wir betonen, dass wir bei unserer Aufgabenerfüllung an geltendes Recht und Gesetz gebunden sind. Im Rahmen dieser Vorgaben haben wir die uns zur Verfügung stehenden und taktisch sinnvollen Möglichkeiten ausgeschöpft."

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