Künstliche Intelligenz könnte dabei helfen, Konflikte frühzeitig zu erkennen.

Kriegsforschung

Künstliche Intelligenz für den Frieden

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AUTOR/IN
Viviane Manz
ONLINEFASSUNG
Lilly Zerbst

Die ETH Zürich forscht für die Vereinten Nationen an Künstlicher Intelligenz, die Anzeichen für Gewaltausbrüche erkennen kann. Sie wird mit Konfliktdaten aus der Vergangenheit gefüttert und lernt so, zukünftige Konflikte vorherzusagen.

Ein Beitrag aus dem 3Sat-Wissenschaftsmagazin Nano.

Künstliche Intelligenz soll zeigen, wo Konflikte entstehen

Kriege, Gewalt und Flucht – viele Menschen auf der Welt kennen das leider allzu gut, zum Beispiel die Bewohner der Demokratischen Republik Kongo. Eine Friedensmission der Vereinten Nationen (UNO) soll die Konfliktregion stabilisieren. Was, wenn künstliche Intelligenz (KI) Anzeichen für neue Gewaltausbrüche erkennen und so die UNO-Blauhelme unterstützen könnte?

Genau daran arbeitet die Informatikerin Mennatallah El-Assady an der ETH Zürich. Sie und ihr Team füttern Künstliche Intelligenz mit Konfliktereignissen aus der Vergangenheit.

Wir sehen, wo die Konflikte passiert sind, und wir wissen auch, wann sie passiert sind, so dass wir dann herausfinden können, wie die Konflikte entstanden sind.

Das Prinzip funktioniert: KI erkennt vergangene Gewaltausbrüche

Künstliche Intelligenz hilft, abertausende Informationen wie Berichte in Medien oder von Blauhelmen systematisch aufzubereiten. Tatsächlich hat die ETH-Forscherin rückwirkend Anzeichen gefunden für gewisse Gewaltausbrüche. Wie gut die KI Muster erkennen und so Konflikte aufspüren kann, komme auf die Qualität der Daten an und darauf, wie systematisch die Daten produziert und erfasst wurden, so El-Assady.

Die Vereinten Nationen haben es sich zum Ziel gesetzt, für internationalen Frieden und Sicherheit zu sorgen. Für ihre Friedensmissionen setzen sie sogenannte Friedenstruppen ein, die man an ihren blauen Helmen erkennen kann. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz könnten die Blauhelme unterstützt werden.
Die Vereinten Nationen haben es sich zum Ziel gesetzt, für internationalen Frieden und Sicherheit zu sorgen. Für ihre Friedensmissionen setzen sie sogenannte Friedenstruppen ein. Die Soldaten sind an ihren blauen Helmen erkennbar. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz könnten die Blauhelme unterstützt werden.

KI soll höhere Erfolge der UNO-Friedensmissionen erzielen

Das Ziel des ETH-Forschungsteams: Die Künstliche Intelligenz soll Anzeichen für Gewaltausbrüche in der Zukunft erkennen. So könnte sie die weltweit 90.000 Blauhelme der UNO unterstützen. Die Friedensmissionen hätten sich als wirksam erwiesen, sagt der Professor für Sicherheitspolitik Andreas Wenger. Mit der KI könnten die Blauhelme noch besser unterstützt werden:

Natürlich gilt, je besser die Informationslage, je vorausschauender die Lageanalysen, desto besser können die UNO-Blauhelme arbeiten.

Trotz Potenzial: KI kann nur mit menschlicher Expertise funktionieren

Der UNO-Sicherheitsrat, der für die Sicherung des Weltfriedens zuständig ist, widmete der Künstlichen Intelligenz eine eigene Sitzung. Dass KI viel Potential hat, glaubt auch der UNO-Beamte Kersten Jauer:

Die ETH hat viel beizutragen, (...) um uns dabei zu helfen, Konflikte früher zu erkennen, schneller zu handeln und zielgenauer zu unterstützen.

Für die Schweizer UNO-Botschafterin Pascale Baeriswyl ist es wichtig, dass der riesige Datensatz der UNO systematischer ausgewertet wird. Ein Bedenken hat sie aber dennoch:

Mit künstlicher Intelligenz kann man Entwicklungen vielleicht schneller und präziser voraussehen, aber sie darf nie ersetzen, dass Menschen Verantwortung übernehmen müssen.

Künstliche Intelligenz lernt aus Konfliktdaten

Derzeit ist die UNO allerdings hilflos angesichts des Kriegs im Nahen Osten. Könnte KI künftig helfen, Anzeichen für einen Kriegsausbruch zu erkennen? Laut Andreas Wenger von der ETH Zürich bleiben Kriegsausbrüche schwer vorhersehbar, da es sehr seltene Ereignisse sind. Daher konzentriere sich die Forschungsgruppe der ETH Zürich auf lokale Konfliktdynamiken, bei denen mehr Informationen vorliegen. Hier könne KI laut Wegner einen Beitrag leisten, vor allem wenn sie mit menschlicher Expertise kombiniert werde.

Mehr als hundert Millionen Menschen waren nach Angaben der UNO 2022 auf der Flucht - aufgrund von Kriegen und Konflikten. An der Spitze der Staaten stehen Syrien, Kolumbien und die Demokratische Republik Kongo.
Mehr als hundert Millionen Menschen waren nach Angaben der UNO 2022 auf der Flucht - aufgrund von Kriegen und Konflikten. An der Spitze der Staaten stehen Syrien, Kolumbien und die Demokratische Republik Kongo.

Früherkennung: Mensch und KI sollen zusammenarbeiten

Noch stecken die Algorithmen für den Frieden in den Kinderschuhen. Blauhelme sollen Feedback geben, um die KI besser zu trainieren, sagt El-Assady. In Zukunft sollen menschliche und künstliche Intelligenz gemeinsam helfen, potentielle Konflikte früher zu erkennen.

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