Ein Techniker an einer Gastherme

Run auf Gasheizungen

Wo die Energiewende scheitert - ein Beispiel aus Neuwied

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Joachim Wulkop
Bild von Reporter Joachim Wulkop

Eigentlich sollen die deutschen Haushalte künftig unabhängiger werden von fossilen Energieträgern. Warum trotzdem Gasheizungen boomen, zeigt ein Beispiel aus Neuwied.

Hausverwalter Peter Eigendorf und Heizungsbaumeister Mario Schunk stehen vor einer aufgerissenen Wand. Rohre und Stromleitungen schauen heraus, der Putz ist heruntergerissen, es riecht nach Baustaub. Diese Wohnung in der Neuwieder Innenstadt wird saniert - und bekommt eine neue Heizung. Es wird eine Gasheizung und keine Wärmepumpe.

Sanierung des Hauses würde sehr viel kosten

Das Haus wurde in den 1960er Jahren erbaut. Es gebe keine Außendämmung, keine Dachdämmung, auch zum Boden hin sei das Haus nicht isoliert, bemängelt Heizungsbauer Schunk: "Eine Wärmepumpe macht bei diesem Haus einfach keinen Sinn, das ist Energieverschwendung."

Bevor eine Wärmepumpe hier installiert werden könne, müssten zigtausende Euro in die Sanierung des Hauses gesteckt werden, rechnet Hausverwalter Peter Eigendorf vor. Das könnten sich die Vermieter nicht leisten.

Gas-Brennwerttherme statt Wärmepumpe

Damit das Heizungssystem ausgetauscht werden kann, müssten alle Wohnungen frei sein, alle Mietverhältnisse gekündigt werden. Die Energieversorgung müsste neu gelegt werden, um die Wärmepumpe mit ausreichend Strom zu versorgen.

Also fiel die Wahl auf eine Gasheizung der neuesten Generation. Eine Brennwerttherme soll in jede der Wohnungen eingebaut werden. Die Kosten dafür betragen nur einen Bruchteil dessen, was die Sanierung des Hauses und der Einbau der Wärmepumpe kosten würde.

Drei mal mehr Gasheizungen verkauft als üblich

Das Haus in der Neuwieder Innenstadt sei kein Einzelfall, sagt Mario Schunk. Er hat bereits in den ersten Monaten dieses Jahres so viele Gasheizungen verkauft, wie sonst in anderthalb Jahren. Grundsätzlich sei die Idee hinter einer energiesparenden Wärmepumpe gut, sagt Schunk. Es scheitere aber oft an der Realität und der Infrastruktur in den Städten und Gebäuden.

So sei zum Beispiel die Stromversorgung oft nicht auf die neuen Geräte ausgerichtet. Viele Gebäude müssten erst aufwendig saniert werden, damit dort überhaupt ein Energiespareffekt durch eine Wärmepumpe eintreten könne. Daher würden sich besonders Besitzer älterer Immobilien jetzt erneut für Gasheizungen entscheiden.

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Verunsicherung bei Hausbesitzern ist groß

Das beobachtet die ganze Branche: "Gasheizungen werden im Moment massiv nachgefragt", bestätigt Innungsobermeister Patrick Schmidt aus Koblenz dem SWR. Die Verunsicherung bei vielen Hausbesitzern sei groß, welches Heizsystem noch Zukunft hat.

Hausverwalter Peter Eigendorf setzt weiter aufs Gas - gezwungenermaßen, wie er sagt. Die Mieten in dem Mehrfamilienhaus in Neuwied sind niedrig und werden für die Bewohner vom Amt bezahlt. Eine aufwendige Sanierung hätte zur Folge, dass die Mieten steigen müssten und die Wohnungen dann voraussichtlich nicht mehr als Sozialwohnungen in Frage kämen, sagt Eigendorf.