Bühne

Ein Plädoyer für Menschlichkeit – Calixto Bieito inszeniert „Der Silbersee“ am Nationaltheater Mannheim

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AUTOR/IN
Marie-Dominique Wetzel

Ein musikalisches Bühnenspiel mit einer zutiefst humanistischen Botschaft: Georg Kaiser und Kurt Weill haben „Der Silbersee“ 1933 unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise und dem erstarkenden Nationalsozialismus geschrieben. Calixto Bieitos Mannheimer Inszenierung bleibt zeitlos – doch die Bezüge zur Gegenwart sind offensichtlich.

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Ein Bettler und ein Polizist

Auf der Bühne stehen mehrere Mülltonnen, in denen der Bettler Severin nach etwas Essbarem sucht. Er wird von dem Polizisten Olim erwischt und angeschossen.

Doch Olim plagt später das schlechte Gewissen. Und als er wie durch ein Wunder in der Lotterie gewinnt, beschließt er, Severin aus dem Gefängnis zu holen und in sein neuerworbenes Schloss einzuladen.

Lügen, Gier und Neid

Die beiden Männer freunden sich an, aber Severin, der seit der Schießerei im Rollstuhl sitzt, sinnt auf Rache – nicht ahnend, dass Olim ihn damals angeschossen hat.

Es kommt zum Streit zwischen den beiden, Lügen, Gier und Neid machen sich breit. Und die adlige, einst reiche Schlossherrin nutzt den Streit aus, um ihr Schloss und ihre Macht wieder zu erlangen.

Ein zeitloses Stück über Gerechtigkeit und Freundschaft

Georg Kaiser und Kurt Weill verhandeln in ihrem Bühnenspiel die großen Fragen nach sozialer Gerechtigkeit, Freundschaft und Mitgefühl – und das vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und der Machtergreifung der Nazis 1933.

Der Silbersee. Ein Wintermärchen am Nationaltheater Mannheim
Ihre Freundschaft basiert auf Lügen: Der Polizist Olim (Patrick Zielke) und der Bettler Severin (Christopher Diffey)

Für Regisseur Calixto Bieito sollte das aber nicht im Vordergrund seiner Inszenierung stehen. Auf keinen Fall wollte er Nazi-Ikonographien verwenden.

„Letztendlich ist es ein zeitloses Stück, denn die sozialen Probleme, die darin behandelt werden, gelten weiterhin“, sagt Calixto Bieito. „Ich wollte keinen direkten Bezug zu unserer heutigen Situation mit großen sozialen und wirtschaftlichen Problemen herstellen, aber natürlich gibt es Verbindungen.“

Oper, Musical und Singspiel – typisch Kurt Weill

Die Freundschaft der beiden Männer droht zu zerbrechen – aber am Ende siegt die Hoffnung, dass Mitmenschlichkeit stärker ist als Gier, Neid und Kapitalismus. Kurt Weill hat für diese Geschichte – ähnlich wie bei der Dreigroschenoper - eine ganz besondere dramatische Form gewählt, eine Mischung aus Oper, Musical und Singspiel.

Der Silbersee. Ein Wintermärchen am Nationaltheater Mannheim
Oper, Musical und Theater zugleich – für das Ensemble eine echte Herausforderung.

Für die Sängerinnen und Sänger ist das eine große Herausforderung, weil sie gleichermaßen gut singen, sprechen und schauspielern müssen. Auch den Musikerinnen und Musikern wird einiges abverlangt. Denn der musikalische Leiter Jürgen Goriup lässt sein Orchester wie ein Jazzorchester aus den 1930er Jahren spielen.

Ungewohnte Bühnensituation in der „Schildkrötfabrik“

Auch die Bühnensituation ist ungewöhnlich. Gespielt wird, wegen der Sanierung des Stammhauses, in der „Alten Schildkrötfabrik“ in Mannheim Neckarau. In der langgezogenen Industriehalle steht ein sehr langes und sehr schmales Bühnenpodest – wie ein überdimensionaler Laufsteg.

Links und rechts davon sind die Stuhlreihen für das Publikum aufgebaut. Das Orchester sitzt an einem Ende des Raums, gleich neben der Bühne. Alle: Darstellende, Orchester und Publikum sind sehr dicht beieinander. Zur humanistischen Botschaft des „Silbersees“ passt das sehr gut.

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