Wer räumt die Goldene Lola ab? „Sterben“ von Matthias Glasner gilt als Favorit beim Deutschen Filmpreis. Die Preisverleihung überträgt die ARD Mediathek am 3. Mai ab 19:30 Uhr als Livestream. Jenseits der Verleihung ist der Deutsche Filmpreis auch ein Forum, um über die grundsätzlichen Probleme der Filmförderung in Deutschland zu diskutieren.
„Sterben“ ist der Favorit
„Sterben“ ist einer der prägenden Filme der Saison. Schon bei der Berlinale wurde er mit dem Silbernen Bären für das beste Drehbuch ausgezeichnet.
Zugleich ein Film, der seinem Publikum eine Menge abverlangt: Ein dreistündiges Familienepos, das roh und verspielt zugleich wirkt, hart und zärtlich, schroff und in anekdotischer Erzählweise.
Mehr Diversität im deutschen Film
Die übrigen nominierten Filme sind immerhin sehr unterschiedlich: Nach Ilker Çatak, der im vergangenen Jahr mit „Das Lehrerzimmer“ die Auszeichnung für den besten Spielfilm, gewonnen hatte, ist auch in diesem Jahr mit Ayşe Polat eine Regisseurin mit migrantischen Wurzeln gleich mehrfach nominiert.
Wieder mit einem Film, der nichts mehr mit den früheren Klischees von Einwandererfilmen gemeinsam hat. „Im toten Winkel“ ist ein sehr ungewöhnlicher, poetischer und exzellenter Thriller.
„Selbstbedienungsmentalität“ beim deutschen Filmpreis?
Auch in diesem Jahr gibt es wieder ein neues Wahlverfahren – und tatsächlich mit erstaunlich guten Nominierungen. Trotzdem bleibt der Filmpreis auch intern umstritten: Sogar Akademiemitglieder werfen der Filmakademie im Gespräch ganz offen Selbstbedienungsmentalität vor.
Andere bezweifeln, ob man über Kulturfragen überhaupt mit Mehrheit entscheiden kann - müssten bei dem wichtigsten und höchstdotierten deutschen Kulturpreis nicht Mindeststandards gesichert sein?
International kaum Aufmerksamkeit
In jedem Fall bleiben die grundsätzlichen Probleme. Niemand würde mit Blick auf die internationale Wahrnehmung des deutschen Films wirklich zufrieden sein. Wieder ist kein einziger deutscher Film bei den Filmfestspielen in Cannes nominiert worden.
Das kreative Potenzial des deutschen Filmschaffens erstickt in Bürokratie und Förderwust. Die Rahmenbedingungen sind weit schlechter als in anderen Ländern: Es gibt zu wenig Geld und viel zu wenig Mut.
Kritik an öffentlichen Geldern
Statt dem Autorenkino der Regisseurinnen und Regisseure die Möglichkeit zu geben, sich kreativ und ohne Beschränkungen auszutoben und Filme auf eine einfachere Art zu realisieren, favorisiert Kulturstaatsministerin Claudia Roth ein „Produzentenkino“ wie zu Omas Zeiten: Als ob Steueranreizmodell bessere Filme schaffen könnten.
Auch die Preise und Nominierungen am Abend sind mit öffentlichen Geldern dotiert. Insgesamt rund drei Millionen Euro fließen aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Roth.
Nominiert für Bester Film
Verschwörung in den Alpen „Die Theorie von Allem“: Die deutsche Antwort auf Nolans „Oppenheimer“
1962 in den Schweizer Alpen: Zwei Dutzend herausragende Physiker treffen sich zu einem quantenphysikalischen Kongress. Bald häufen sich die merkwürdigen Ereignisse, Vergangenheit und Zukunft mischen sich. Regisseur Timm Kröger liefert einen der schönsten, ungewöhnlichsten deutschen Filme seit Jahren.
Höhepunkt des Deutschen Kinos Herausragender Paranoia-Thriller „Im toten Winkel" der deutsch-kurdischen Regisseurin Ayşe Polat
Ein deutsches Filmteam kommt in eine alte Stadt im Nordosten der Türkei, um einen Dokumentarfilm über ein politisch brisantes Thema zu drehen. Bald ist klar: Sie werden beobachtet. Regisseurin Ayşe Polat wagt viel und gewinnt: Ihr ist ein Paranoia-Thriller im Stil von Francis Ford Coppola gelungen.
Gewinner des Deutschen Filmpreises Schwarze Komödie mit Starbesetzung: „Sterben“ von Matthias Glasner
Klarsichtig und spielerisch blickt Matthias Glasner auf eine zerrüttete Familie: Lars Eidinger spielt einen Dirigenten, Lilith Stangenberg seine durchgeknallte Schwester und Corinna Harfouch die sterbenskranke Mutter.
Nominiert für Bester Dokfilm
Film Wim Wenders porträtiert Anselm Kiefer: „Anselm – Das Rauschen der Zeit“
Ein poetischer Blick des Regisseurs Wim Wenders auf seinen Freund, den Künstler Anselm Kiefer. In einer Mischung aus Spielhandlung, historischen Fernsehaufzeichnungen und Interview-Sequenzen vermittelt der Film einen schlaglichthaften, allerdings auch völlig unkritischen Blick auf Kiefers Werke und Gedanken.
Gespräch Dokumentarfilmer diskutieren über Frauenproteste im Iran – Stärke der Frauen macht Mut
In ihrem Film „Sieben Winter in Teheran“ erzählt die Regisseurin Steffi Niederzoll die Geschichte der 19-jährigen iranischen Studentin Reyhaneh Jabbari, die ihren Vergewaltiger in Notwehr tötete und dafür 2007 zum Tode verurteilt wurde. „Was an dem Film Mut mache“, seien die starken Frauen, die während des damaligen Prozesses trotz des schweren Schicksals bei ihrer Würde und bei der Wahrheit geblieben sind, sagt Niederzoll in SWR2.
Gespräch Doku „Vergiss Meyn nicht“ – Vor fünf Jahren verunglückte ein Filmemacher bei Protesten im Hambacher Forst
Der Filmstudent Steffen Meyn stürzte vor fünf Jahren im besetzten Hambacher Forst von einer Hängebrücke und starb. Drei ehemalige Mitstudierende haben jetzt die Dokumenation „Vergiss Meyn nicht“ über die Proteste erstellt. „Steffen Meyn wollte, dass sein Filmmaterial an die Öffentlichkeit kommt“, so Kilian Kuhlendahl, einer der drei Regisseure, in SWR2. Die Aktivistinnen hatten versucht, die Rodung des Forstes zugunsten des Braunkohleabbaus zu verhindern.
Nominiert für Bester Kinderfilm
Ankommen in einem fremden Land Rotzig, witzig und voller Energie: „Sieger sein“ von Soleen Yusef ist ein ungewöhnlicher Kinderfilm
Die Regisseurin Soleen Yusef flüchtete als Kind mit ihrer Familie aus dem Irak nach Deutschland. Bevor sie später an der Filmakademie Baden-Württemberg studierte, musste sie sich in Berlin an einer Brennpunktschule durchsetzen. Ihre Geschichte hat sie jetzt in einem ungewöhnlich ungeschönten Kinderfilm verarbeitet.